Der Karnevalsverein „St. Bock“ aus Großengottern feiert Jubiläumskampagne und startet besonderen Aufruf an alle Thüringer Vereine 

1955, vor 70 Jahren, gründete sich in Großengottern der Karnevalsverein. Viele gesellschaftliche Veränderungen haben die gotter’schen Narren von der Gründung, den Jahren in der DDR über die Wiedervereinigung bis heute begleitet. 

Dabei wirft schon der Vereinsname „St. Bock“ für Außenstehende die Frage auf: Was haben Böcke eigentlich mit Fasching zu tun? Ganz einfach – Der Karnevalverein wurde im Rahmen eines Straßenfaschings proklamiert, der damals im sogenannten „Bockviertel“ gefeiert wurde, dem Viertel, in dem früher die Böcke aufgepflockt wurden. 

Ebenso alt wie der Verein selbst ist die Tradition, dass zur närrischen Zeit ein Prinzenpaar die Regentschaft über den Ort übernimmt. Seit 1958 wird der jährlich stattfindende Karnevalsumzug auch von einer Prinzengarde begleitet. In den 60er Jahren begann man damit, den „St. Bock-Fasching“ unter ein Motto zu stellen. So feierte man 1969 eine Orientshow und fuhr 1970 bereits nach Hawaii, obwohl an eine Grenzöffnung zu dieser Zeit noch gar nicht zu denken war. Vielleicht lag es gerade daran, dass die Staatsoberen immer einen speziellen Blick auf die gotter’schen Narren hatten, die nie ein Blatt vor den Mund nahmen und man musste deshalb ab Mitte der 70er Jahre jede Menge Beziehungen spielen lassen, um eine Eintrittskarte zu bekommen.  

In der DDR hörte auch das Ministerium für Staatssicherheit mit. Die Zwistigkeiten erreichten 1983 ihren Höhepunkt, als die gotter’schen Narren Faschingsorden und eine Ordnungsstrafe von 300,00 Mark im Kreispolizeiamt abzuliefern hatten. Diese Orden waren ihnen am Abend zuvor von Mannheimer Karnevalisten überreicht worden. Närrische deutsch-deutsche Kontakte waren zu dieser Zeit nicht gern gesehen. Eine offizielle Partnerschaft mit der Sparte Karneval des „SC Schoningen 04“ aus Niedersachsen pflegt „St. Bock“ (erst) seit 1990. Mit der DDR fiel der Stoff für das karnevalistische Treiben nicht weg: Unfähige Politiker, jede Menge „einzigartige“ Prominenz und natürlich die wahren Begebenheiten aus dem Ort. Nach wie vor macht diese Mischung den St. Bock-Fasching aus.  

Und bis heute erklingt zum Start einer jeden Sitzung pünktlich um 20:11 Uhr der Narrhallamarsch – wie eh und je. Dabei hat sich der Verein stetig verändert, weiterentwickelt und immer wieder neu erfunden. 93 Mitglieder zwischen 8 und 84 Jahren engagieren sich für den Erhalt des närrischen Frohsinns im Ort – über die Hälfte davon seit mehr als 10 Jahren.  

„Gemeinsam haben wir mit Freunden, Sponsoren, Helfern aus dem Ort und darüber hinaus schon viel erreicht und noch mehr erlebt. „Darauf sind wir stolz“, betont Vereinspräsident Andreas Schein. „Darum findet im November eine besondere Jubiläumsfeier statt, für die Vereine aus Großengottern und befreundete Karnevalsvereine aus der Region“. 

Bis dahin soll auch noch die eine Sache erledigt sein, die in den vielen Jahren offengeblieben ist: „Bock sucht Ziege“. Unter diesem Motto rufen die gotter’schen Narren alle Thüringer Vereine dazu auf sich mit einem zum „Bock“ passenden Namen per E-Mail an ziege@st-bock.de zu melden.