Thema: Gemeinnützigkeit verständlich erklärt – Mittelbeschaffung, Mittelverwendung und die vier Sphären der Gemeinnützigkeit
Referentin: Steuerberaterin Heike Nicodemus (Nordhausen), Fachberaterin für Gemeinnützigkeit, Mitglied im Steuer- und Rechtsausschuss des LTK


Themenübersicht des Abends

Heike Nicodemus erläuterte, dass sie sich für den Einstieg in die Schulungsreihe zwei Kernbereiche vorgenommen habe:

  1. Mittelbeschaffung und Mittelverwendung
  2. Die vier Bereiche („Sphären“) der Gemeinnützigkeit und deren steuerliche Behandlung

Diese Themen sollen künftig in einer zweiteiligen Schatzmeister:innen-Schulung und bei Lehrgangswochenenden des LTK weiter vertieft werden.


Aufzeichnung des TNT10/25

Zur Präsentation


Mittelbeschaffung und Mittelverwendung im Verein

Mittelbeschaffung:
Typische Einnahmequellen:

  • Mitgliedsbeiträge
  • Zuschüsse und Fördermittel
  • Spenden
  • Eintrittsgelder, Verkaufserlöse
  • ggf. Darlehen

Mittelverwendung:

  • Einnahmen müssen ausschließlich satzungsgemäß genutzt werden (z. B. Förderung des Karnevals und Brauchtums, nicht für private oder zweckfremde Ausgaben).
  • Wichtig ist die zeitnahe Mittelverwendung:
    • Grundsatz: Mittel innerhalb von 2 Jahren verwenden, um keine „Reichtümer“ anzuhäufen.
    • Neu ab 2026: Grenze steigt von 45.000 € auf 100.000 € Gesamteinnahmen – unterhalb dieser Grenze entfällt die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung.
    • Verstoß führt zur Mittelfehlverwendung → Gefahr des Verlusts der Gemeinnützigkeit und ggf. Rückforderung von Fördermitteln.

Empfehlungen für Schatzmeister:innen:

  • Ordnungsgemäße Belegführung und Kassenprüfung
  • Nebenkassen dokumentieren (z. B. Tanzgruppen mit eigener Barkasse)
  • Regelmäßige Kassenprüfungen als Sicherheit und Vertrauensbeweis
  • Unveränderliche Aufzeichnungen (handschriftlich oder digital mit Änderungsvermerk)
  • Zeitnahe Erfassung aller Einnahmen und Ausgaben, insbesondere in Phasen mit vielen Veranstaltungen

„Es reicht nicht, wenn im Kassenbuch steht: 500 € an Tanzgruppenkasse – die Belege müssen vollständig vorliegen, um die Mittelverwendung nachweisen zu können.“ (H. Nicodemus)


Die vier Bereiche („Sphären“) der Gemeinnützigkeit

Heike Nicodemus erklärte anschaulich die vier steuerlichen Bereiche eines Vereins und deren steuerliche Relevanz:

BereichBeschreibungTypische BeispieleSteuerliche Behandlung
1. Ideeller Bereichalles ohne Gegenleistung (reine Vereinsarbeit)Mitgliedsbeiträge, Spenden, Zuschüsse, interne Kommunikationvollständig steuerfrei
2. VermögensverwaltungNutzung und Erhalt von VereinsvermögenVermietung von Vereinsräumen, Zinsen, Verpachtungggf. Umsatzsteuer (7 %/19 %), keine Ertragssteuer
3. Zweckbetriebwirtschaftliche Tätigkeit zur Erfüllung des SatzungszwecksEintrittsgelder, Startgelder, Kursgebührensteuerbegünstigt, Umsatzsteuer 7 %
4. Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieballe übrigen Einnahmen ohne direkten VereinszweckSpeisen-/Getränkeverkauf, Werbung, Merchandisingsteuerpflichtig bei Einnahmen > 45.000 € bzw. Gewinn > 5.000 €

Wichtige Schwellenwerte (Stand 2025/26):

  • Umsatzsteuerpflicht: ab 25.000 € umsatzsteuerpflichtige Einnahmen (bis 2024: 22.000 €)
  • Kleinunternehmerregelung: unter 25.000 € kann Umsatzsteuer entfallen
  • Ertragssteuerpflicht (KSt/GewSt): wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb > 45.000 € Einnahmen bzw. > 5.000 € Gewinn
  • Ab 2026: Grenze steigt auf 50.000 €

Beispiel:
Ein Verein nimmt 30.000 € Eintrittsgelder (Zweckbetrieb) ein, hat 35.000 € Ausgaben mit Umsatzsteuer.
→ Umsatzsteuer aus Einnahmen: 1.961 €
→ Vorsteuer aus Ausgaben: 6.650 €
→ Differenz: 4.689 € Erstattung vom Finanzamt.
Erkenntnis: manchmal lohnt sich die freiwillige Umsatzsteuerpflicht, wenn hohe Vorsteuern anfallen.

Achtung:

  • Verluste im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dürfen nicht mit gemeinnützigen Mitteln ausgeglichen werden → sonst Mittelfehlverwendung.
  • Umsatzsteuer kann nur abgezogen werden, wenn Rechnungen auf den Verein lauten.

Praxisbeispiele und Diskussion

  • Christoph Matthes berichtete aus dem LTK-Alltag:
    Das erste Ferienlager 2023 war mangels Satzungsgrundlage ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Seit 2024 ist es als satzungsmäßiger Zweck aufgenommen und damit steuerlich begünstigt (Zweckbetrieb).
  • Heike Nicodemus betonte die Kooperationsbereitschaft der Finanzämter:
    Solange Vereine transparent arbeiten, Unterlagen vollständig einreichen und Rückfragen beantworten, drohe kein Verlust der Gemeinnützigkeit.
  • Probleme entstehen fast ausschließlich durch fehlende Steuererklärungen oder ungültige Satzungen („falscher Zungenschlag“).
  • Vereine sollten Satzungsänderungen vorab mit dem Finanzamt abstimmen.

Ausblick:

NarrenForum 2026

Christoph Matthes stellte das neue Konzept vor:

  • Termin: Samstag, 30. Mai 2026
  • Ort: noch offen (Schule mit mind. 6–8 Klassenräumen gesucht)
  • Format: Vormittags und nachmittags Seminare aller LTK-Fachausschüsse (Steuer & Recht, Jugend, Öffentlichkeitsarbeit, gesprochenes Wort, Tanz, Musik etc.)
  • Abends: gemeinsamer Gesangs- und Büttenwettbewerb („Närrischer Klassenabend“)
    → Ziel: gebündeltes Schulungsangebot statt vieler Einzeltermine, Stärkung des Gemeinschaftsgefühls und effizienter Wissenstransfer.

Initiative „Ruhe im Saal“

Zum Abschluss wies Christoph Matthes auf die neue LTK-Aktion „Ruhe im Saal“ hin – eine bundesweite Initiative zum Schutz des gesprochenen Wortes auf der Bühne.
Alle Vereine erhalten mit dem neuen Narren-Echo 1.111 Tischaufsteller, um die Initiative publik zu machen.
Ziel: Respekt und Aufmerksamkeit für Büttenredner:innen sichern – als kulturellen Kern des Karnevals.


Nächster Thüringer NarrenTreff

  • Termin: Dienstag, 18. November 2025, 19:30 Uhr
  • Thema: „Musik macht Stimmung“
    → Vorstellung des Projekts „Band aus der Büchse“ durch das Netzwerk Musik (Alternative zu Livebands bei steigenden Kosten und fehlenden Kapazitäten)

Zusammenfassung

Der Thüringer NarrenTreff bot eine fundierte und praxisnahe Einführung in die steuerlichen Grundlagen der Gemeinnützigkeit.
Die wichtigsten Lernpunkte:

  • Satzungsgemäße Mittelverwendung ist zentral für den Erhalt der Gemeinnützigkeit.
  • Trennung der vier Bereiche ist unerlässlich.
  • Regelmäßige Kassenprüfungen, korrekte Belege und zeitnahe Dokumentation sichern Transparenz.
  • Neue Freigrenzen ab 2026 bringen spürbare Erleichterung.
  • Kooperation mit dem Finanzamt ist empfehlenswert.

Heike Nicodemus erhielt großen Dank für ihre klare, praxisnahe Darstellung – „keine trockene Steuerstunde, sondern mit echtem Vereinsbezug“.
Die Aufzeichnung und Präsentation werden über die LTK-Homepage bereitgestellt.

Weitere Informationen zum Thema:

#DSEEerklärt Gemeinnützigkeit Teil 1: Was bringt’s? Grundlagen des Gemeinnützigkeitsrechts

#DSEEerklärt Gemeinnützigkeit Teil 2: Gemeinnützige Mittelverwendung und Rücklagenbildung

#DSEEerklärt Gemeinnützigkeit Teil 3: Gemeinnützigkeit mit Zweck- oder Geschäftsbetrieb